Eigentlich hätte der heutige Blog den Titel haben sollen „abwarten und Tee trinken“. Die Wurfbox steht bereits seit einer Woche, die Innenausstattung ist in einem Stadium, das eine sichere Geburt erlaubt. Der Rest wird erst dekoriert, wenn alle Welpen sicher das Licht der Welt erblickt haben und die Mama wohl auf ist. Laut Plan also frühestens am Sonntag. Die Berechnung ergab sich aus Nachdecken am 9.1. und da 63 Tage dazu. So steht es in den Lehrbüchern. Ich habe mir als Geburtstermin, Donnerstag den 10.3. ausgerechnet – vom Tag des Deckens am 8.1. 60 Tage dazu.
Laut Gerhard hätten wir also noch 6 Tage, laut mir noch mind. 3 Tage um uns auf schöne Bastelarbeiten zu konzentrieren, wie zum Beispiel das Brennen von Saloonbeschilderungen oder das Knüpfen eines Traumfängers mit einem großen Kreis für die Mama und 6 bzw. wenn es nach mir ginge 8 kleinen für die Welpen. Ich war immer noch der Überzeugung, dass obwohl laut Ultraschall 6 Cs zu erwarten wären, Alagna 8 kleine Welpenembryos in sich trug. Auch war noch Zeit, Alagna an die Wurfbox zu gewöhnen. Was aber recht schwer fiel, da diese entweder von Mizumi oder von Ryoko beschlagnahmt wurde. Alagna inspizierte sie zwar immer wieder, bevorzugte dann aber doch unser Bett zum Schlafen.
Am Sonntag in der Früh wachte ich schweißgebadet auf. Alagna war nicht im Bett, auch nicht mal im Schlafzimmer. Ich lief wie verrückt durchs Haus und schaute, ob nicht doch schon irgendwo ein Welpe herum lag. Irgendwie hatte ich das Gefühl, es passiert eher früher als später. Am Sonntag Abend fingen wir an, über ihre Temperatur Aufzeichnungen zu führen, 37,7. Montag früh 37,1. Ich wurde ganz panisch, wenn sie auf 36 fiel, hätten wir noch 24h. Zum Vergleich checkte Tom Ryokos Temperatur und meinte, wir müssen eine zweite Wurfbox aufstellen! Ryoko hatte 37,0. Ha Ha. Auch Gerhard, bei dem wir am Montag zur Letztkontrolle waren, meinte „nur ka Stress, alles gechillt“.
Dienstag 8.3. – Noch keine Geburtsanzeichen
Ich war nicht überzeugt, aber die Temperatur blieb auch am Dienstag konstant bei 37,1. Die werdende Mama stand es sich zwar aktuell auf Trennkost, aß aber alles in allem immer noch sehr brav. Von komplett zum Fressen aufhören 2 Tage vor der Geburt war also keine Rede. Auch schien es noch keine Anzeichen für Senkwehen (12h bis 24h vorher) zu geben, kein Nest bauen, keine innere Unruhe. Nichts, das auf eine Geburt hindeuten würde. Zumindest nicht am Dienstag Vormittag (8.3.). Am Nachmittag wurde sie etwas unruhiger, fing unter der Poolplattform an zu graben, hechelte vermehrt. Alles Verhaltensweisen, die Ryoko schon ein paar Tage vor dem Geburtstermin hatte. Sollten wir wirklich immer noch gechillt bleiben?
Wir waren tatsächlich noch die Ruhe in Person. Solange keine Senkwehen einsetzten, gab’s auch keinen Handlungsbedarf. Trotzdem beschloss ich die letzten Geburtsvorbereitungen zu treffen. Wir quartierten Ryoko und Mizumi aus der Wurfbox aus, desinfizierten diese und kleideten sie mit Wurfunterlagen, Decken und Tüchern aus. Auch alle Geburtsutensilien, wie Nagelzwicker, Schere, Calziumpräparat, Desinfektionsmittel, Einweghandschuhe uvw. legte ich bereit. Alagna wurde immer unruhiger. Sie ging in unser Bett und fing an, oben ein Nest zu bauen. Es war klar, dass wir heute kaum schlafen würden. So konnten wir uns weiter mit der Innenausstattung beschäftigen. Denn eine wichtige Frage blieb bis dato ungeklärt: welche Vorhänge kommen ins Fenster der Wurfbox?! So unwichtig das klingt, solch eine große Bedeutung haben diese Vorhänge. Die Wurfbox hat ein kleines Fenster und dieses braucht natürlich immer zum Thema passende Vorhänge! Ryoko wartete mit beiden Würfen, bis diese endlich montiert waren. Wer weiß, vielleicht war Alagna die Wurfbox deswegen noch nicht sympathisch. Diesmal hatte ich aber echt ein Problem. Welche Vorhänge hängt man in einen Western Saloon?! Ich war eigentlich so weit, gar keine zu montieren. Beim Wegräumen der Dekokiste fiel mir aber ein kleiner, geknöpfter Wandteppich in die Hand, den ich offenbar in meiner Deko-Euphorie bestellt habe – perfekt! Den nehmen wir! Ich bat Tom noch schnell diesen zu montieren, bevor wir vielleicht doch noch zu ein bisschen Schlaf heute kämen. Es war mittlerweile nach 1:00 nachts.
Kaum hingen die Vorhänge, kam Alagna auch schon in die Wurfbox und fing an wie wild zu scharren. Sie verlor recht viel Flüssigkeit. Zuerst dachte ich, es sei Pipi, denn sie wollte davor in der Garten, wir ließen sie aber nicht. Immerhin hatten wir noch mind. zwei Tage Zeit, das konnte noch keine Geburtsflüssigkeit sein. Aber dann sah ich die Kontraktionen am ganzen Körper – Alagna hatte Wehen. und zwar keine Senkwehen, es waren echte Wehen. Die Geburt hat begonnen. Während Ryoko und Mizumi gespannt zuschauten, was hier passiert und besorgt um Alagna waren, zog ich mir schnell ein frisch gewaschenes Gewand an, wir stellten die Kamera zwecks Dokumentationszwecken auf und fuhren das macBook für Aufzeichnungen hoch. Kurz darauf, um 1:53 kam der erste, 380g schwere Welpe auf die Welt, nicht ganz ohne Schmerzen, aber ohne weitere Komplikationen. Die frisch gebackene Mama wusste am Anfang nicht genau, was sie machen sollte, aber bald wurden die Instinkte wach und sie durchtrennte die Nabelschnur mit den Backenzähnen, fraß die Nachgeburt, fing an, den Welpen trocken zu schlecken und er dockte an der ersten Zitze an. Es war also wirklich so weit. Der Erste von den Cs war geboren. Fehlten noch 5.
Wir hatten mindestens 30 Minuten Zeit bis zu den nächsten Wehen, also organisierten wir uns nochmal und warteten. Pünktlich nach einer halben Stunde ging es weiter und um 2:42 war dann das erste Weibchen auf der Welt, eine weitere halbe Stunde später, um 3:23 der zweite Rüde. Bis jetzt lief alles wie am Schnürchen. Alle Welpen kamen gut verpackt in einer Fruchtblase, die ich mithalf, aufzureißen. Da war Alagna nicht ganz so geschickt oder ich nicht ganz so geduldig. Danach kam jedes mal der nervenaufreibende Moment: kommt ein Schrei von dem Neugeborenen? Atmet er oder sie? Wird er andocken und trinken? Auch Ryoko zeigte sich ungeduldig oder eher besorgt und unruhig. Sie kannte das Gequietsche der Welpen nur zu gut und es weckte wohl wieder Mutterinstinkte in ihr. Oder war es doch nur die Sorge um ihre Tochter? Sie wollte unbedingt in die Wurfbox und mithelfen. Aber Alagna war von der Idee einer Hebamme nicht begeistert und ließ es Ryoko mit eindeutigem Knurren wissen. Stur wie die Omi ist, ließ es sie kalt. Wir mussten den Eingang zur Wurfbox zusperren, um Ryoko von den Welpen fern zu halten. Mizumi hingegen ließ sich ihren Schlaf nicht rauben. Zwar im Wohnzimmer, aber eher unbeeindruckt von den Geschehnissen, verschlief sie die Geburt ihrer Halbgeschwister bzw. Halbnichten- und Neffen (das Verwandtschaftsverhältnis ist er etwas komplex).
Wir hatten die Halbzeit also erreicht und gaben der doch schon etwas angestrengten Alagna das Calziumpräparat und warteten auf Nr. 4, der um 3:53 richtig rausgeschossen kam. Kein Wunder, denn dieser hier war richtig winzig. Nur 170g schwer wirkte er so zerbrechlich. Tom meinte, er schaut nicht fertig entwickelt aus. Aber Alagna kümmerte sich um ihn genauso, wie um den Rest. Er atmete, krabbelte auf der Suche nach Zitzen herum und trank auch. Nur das rechte hintere Beinchen … das machte uns Sorgen. Es wirkte irgendwie verdreht, so als ob die Pfote in die falsche Richtung zeigen würden. Ich war ganz fertig. Wir beobachteten den jungen Mann genau. Er schlug sich tapfer! Seine drei Geschwister, die schon länger auf der Welt waren, okkupierten die guten Milchquellen, aber er ließ sich nicht unterkriegen. Er war ein Kämpfer.
Wir hatten Angst, dass die Weiteren auch unterentwickelt raus kämen und sie machten es auch spannend, ließen sich immerhin 1h Zeit. Aber dann um 5:03 kam ein gesunder Rüde dicht gefolgt von einer gesunden Hündin um 5:08 auf die Welt. Geschafft!
Mittlerweile haben wir fast alle Handtücher, die wir im Haus hatten, verbraucht, etliche Wickelunterlagen, Einmalwindeln, Küchenrollen und eine Flasche Desinfektionsspray. Alles lag im Wohnzimmer herum, die Wurfbox benötigte auch dringendst eine Reinigung. Das Extra-Klo der Wurfbox eignet sich sehr gut als Zwischenlager für die Welpen, während wir die Wurfbox säuberten und neu auskleideten. Alagna war immer noch sehr unruhig, aber sie war auch gerade von den Babys getrennt.
Als alles wieder sauber war und die kleine Familie vereint, schien sie sich zu beruhigen. Wir alle waren ziemlich fertig. Aber es war geschafft und bis auf die Sorge um unseren kleinen Mann, war alles gut verlaufen. Wir wechselten in den Schichtdienst, Tom legte sich auf die Couch während ich die erste Wache übernahm. Lang konnte er allerdings nicht schlafen. Um 6:10 kam das dritte Weibchen auf die Welt, um 6:30 das Vierte.
Nach 4,5h war es dann tatsächlich vorbei. Alagna bekam am 59. Tag ihrer Trächtigkeit 8 Welpen (4 Rüden, 4 Weibchen).
Es war eine sehr lange, sehr anstrengende Nacht und wir können es immer noch nicht glauben, dass es vorbei ist. Soviel Sorgen wegen der Geburt und so viel Angst um die Welpen, aber vor allem um Alagna begleiteten uns die letzten Tage und nun war es geschafft.
Und auch wenn die Freude und die Erleichterung groß waren, schwebte die Ungewissheit über uns, wie es mit dem kleinen Mann weiter gehen sollte. An Appetit schien es ihm nicht zu fehlen. Denn jedes mal, wenn ich eine Zählung der Welpen machte, fand ich ihn unter Alagna an einer der unteren Zitzen. Wir waren optimistisch, hatten aber auch schon Angst davor, was Gerhard sagen würde. Um 17:00 waren wir zur Wurfkontrolle bei ihm. Das ist immer ein recht großer Stressfaktor für die Hündin und die Welpen. Es ist aber einerseits wichtig zu kontrollieren, ob auch wirklich alle Welpen draußen sind (und nicht Willi mit seinem Tipp auf 10 doch richtig lag), andererseits schaut sich der Tierarzt die Welpen an, ob sie auch gesund und kräftig sind. Alagna war dabei so nervös, dass Tom mit ihr ins Wartezimmer musste. Das herzzerreißende Gewinsle einer Mutter, die glaubt man nehme ihr die Welpen weg, ist nahezu unerträglich. Meine Angst vor Gerhards Rat zu unserem Winzling auch. Ich zeigte ihm zuerst alle anderen. Hier war alles in bester Ordnung. Aber als er ihn sah, mit seinem verkrüppelten Beinchen und seinem kleinen Körper, wusste ich was jetzt kommt. Das Beinchen war offenbar nur Matsch, es fehlen die Gelenke. Das wird sich nie richtig entwickeln. Auch wenn er es schafft, den Gewichtsunterschied wett zumachen, wird er nie richtig laufen können. Es ist auch nicht klar, ob innerlich nicht auch eine Fehlentwicklung verankert ist. Äußerlich schien es nur das rechte hintere Bein zu sein. Gerhard meinte, dass es in ein paar Tagen oder gar Wochen umso schwerer sein würde, diese schwere Entscheidung zu treffen und riet uns, den. Kleinen gleich einzuschläfern. Ich wusste, dass das kommt, aber ich wusste auch, dass ich diese Entscheidung nicht einfach so treffen konnte. Wir baten um Bedenkzeit bis morgen.
Zuhause angekommen waren wir völlig fertig. Wie sollten wir entscheiden? Wenn wir uns für den kleinen Mann entscheiden, dann muss uns klar sein, dass es vielleicht nicht möglich sein wird, für ihn eine Familie zu finden. Was dann? Wir waren uns zum ersten Mal von Anfang an einig, keinen Welpen aus dem C-Wurf zu behalten. Ich finde den Altersunterschied zwischen Alagna und Mizumi zu klein. Alagna hat unter dem neuen Familienmitglied und der diesem geschenkten Aufmerksamkeit sehr gelitten. Jetzt hatte sich gerade alles etwas normalisiert. Ein weiterer Welpe würde das Gleichgewicht wieder durcheinander bringen. Mizumi, mit ihrem ausgeprägten Jagdsinn, benötigte noch sehr viel Training und Erziehung, sprich viel meiner Zeit, die ich dann zwischen ihr und dem Neuen aufteilen müsste. Auch die Tatsache, dass wir dann drei altersmäßig sehr nahe aneinander liegenden Hunde hätten, sprach dagegen. Ich weiß immer noch nicht, wie ich mit der Leere, die Vaishavi hinterlassen hat, zurecht kommen soll. Drei Hunde knapp hintereinander gehen lassen müssen, würde uns umbringen. Und schließlich war da noch die Gefahr, ein sehr gut funktionierendes Weiberrudel durch einen Rüden durcheinander zu bringen. Also nein … wir wollten keinen behalten und schon gar keinen Rüden.
Eigentlich sollten wir glücklich sein und uns freuen. Alagna hat sieben gesunde Welpen auf die Welt gebracht und war wohl auf. Stattdessen saßen wir verheult um die Wurfbox. Wie konnten wir diesem kleinen Würmchen keine Chance geben?! Er kämpfte sich gerade wieder zu einer Zitze durch. Ist gar nicht so unpraktisch, klein zu sein, da findet man immer irgendwo einen Spalt, durch den man schlüpfen kann. Und er musste einen guten Riecher haben, denn er fand immer eine volle Zitze! Er war ein Kämpfer, ein Tapferer. Er hat es verdient zu leben! Wir vertrauen den Instinkten unserer Hunde und Alagna hat ihn auch nicht aufgegeben, Sie hat ihn nicht verstoßen, sie hat ihn genauso gepflegt und geputzt, wie alle anderen und ließ ihn trinken! Also werden wir ihm die Chance geben und mit ihm kämpfen! Carlos (so lautet mal sein Arbeitstitel), unser kleiner tapferer Mann:
Schafft er es, das Geburtsgewicht der anderen aufzuholen, schafft er es, im Kampf um die Zitzen mit seinen Geschwistern mitzuhalten. Und wenn ja, wird er mit seinem verkrüppelten Beinchen zurecht kommen? Wenn das Beinchen unterentwickelt ist, ist dann vielleicht etwas anderes auch noch betroffen? Wir geben ihn auf jeden Fall nicht auf! Wir werden um ihn kämpfen! Ich glaube an ihn, ich glaube an Carlos!
(1) Comments
Ihr Lieben, seit Eurer Hochzeit folge ich den Geschichten um diese unglaubliche Hundliebe. Ich freue mich für Euch und ich hoffe sehr für Carlos, danke Euch für die Chance die ihr dem kleinen Mann gebt.
Auch wenn es gegen die Konventionen geht.
Als ich noch Dackel züchtete hatte ich in meinem A-Wurf auch einen speziellen Hund. – Sie kam durch und ich fand ein liebevolles Zuhause für den wohl hässlichsten Rauhaardackel den ich jemals gesehen hatte. Sie wurde steinalt und war eine Seele von Hund die ihren Besitzern trotz diverser Einschränkungen sehr glücklich machte.
Umarmung aus dem 14. bezirk, Eure Claudia – Hochzeitsfee